„Lotti, ich hab dir ein Halsband gemacht…“ Was Tiere in Kindern auslösen und wieso ich glaube, dass sie das Beste aus uns Menschen „herausholen“.

Es überrascht mich immer wieder wie schnell und gleichzeitig wie tief Kinder eine Bindung zu Lotti aufbauen. 

Da reichen schon ein, zwei Treffen und schon sind sie hin und weg. Meine Hündin schafft es bei fast allen Kindern, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben, „den Schalter umzulegen“. Vermutlich liegt das auch daran, dass jedes Kind sich mit einem anderen Charakterzug von Lotti identifizieren kann. Für den einen ist es Lottis ungestümes Verhalten, das sie auch in der Arbeit manchmal übers Ziel hinausschießen lässt. Für den anderen ist es die Tatsache, dass Lotti Leckerlis zwar gerne sucht, sie aber selten findet und trotzdem nicht aufgibt. Und für den nächsten ist es wieder etwas Anderes. Tiere dienen uns als Identifikationsobjekt und als Projektionsfläche, würde man in der Fachsprache wohl sagen. 

Dennoch ist es mehr als das; die Kinder sehen Lotti mit anderen Augen, sie fühlen, was sie fühlt und wollen ihr unbedingt etwas Gutes tun. Diese Du-Evidenz, die als die Fähigkeit ein anderes Individuum mit seinen eigenen Bedürfnissen, Rechten und Interessen zu sehen definiert werden kann, erlernen Kinder nicht durch Bücher oder Erzählungen. Das geschieht nur im direkten Tun, im direkten Fühlen. 

Dieses Fühlen und Einlassen auf ein anderes Individuum das fehlt mir manchmal im pädagogischen Alltag. Gerade nach Corona sehe ich viele Kinder, die sehr egozentriert sind und es schwer haben, sich an anderen zu orientieren. Klar, sie waren monatelang maximal mit den Geschwistern zusammen, Wartezeiten gab es da wenig. 

Mit Lotti lernen die Kinder, dass es auch mal wichtig ist, seine eigenen Wünsche hintenanzustellen und empathisch auf das Gegenüber einzugehen. Dann sehe ich Kinder, die sich 30-35 Minuten an den Tisch setzen und in mühevoller Kleinarbeit Perlen auf die Kordel fädeln; weil „das ist nur für Lotti, damit sie schön aussieht!“. Dann sind da Kinder, die eigentlich glauben sie könnten nicht malen und dann mit den Geschwistern an einem Porträt von Lotti sitzen, weil sie wissen, dass Lotti diese Bilder über ihrem Napf hängen hat. 

Kurz gesagt: Die Kinder machen kleine Geschenke aus völlig selbstlosen Gründen, nur damit ein anderer sich freut. Das mag jetzt kitschig klingen, doch ich weiß: Tiere machen uns zu besseren Menschen. Und wenn ich Kindern dieses Geschenk machen kann, dann ist mein Job hier getan. Ich wünsche mir, dass wir alle wieder mehr ins Fühlen kommen- für uns und für andere!